Am 22. Juli 2021 findet alljährlich der World Brain Day statt. Auf unserem Globus erhält alle 5 Minuten eine Person die lebensverändernde Diagnose Multiple Sklerose (MS). Diese neurologische Erkrankung betrifft weltweit mittlerweile mehr als 2,8 Millionen Menschen in allen Altersklassen. In Österreich sind ca. 12.500 Personen an MS erkrankt. Der „World Brain Day 2021”, der “World Federation of Neurology” und der “MS International Federation” verfolgt das Ziel, das Bewusstsein für MS zu erhöhen.
Die gemeinsamen Bemühungen zielen darauf ab, die Erkrankung zu stoppen, indem MS früh diagnostiziert wird, ein besserer Zugang zu erkrankungsmodifizierenden Therapien geschaffen wird und letztlich die Lebensqualität der von MS Betroffenen und deren Angehörigen durch bessere Rahmenbedingungen zu erhöhen.
„Österreich gehört zu den führenden Nationen bei der MS Behandlung. Durch die Unterstützung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) wurden die dafür nötigen Strukturen in Form von MS-Ambulanzen und MS-Zentren in international vorbildhafter Art und Weise geschaffen. Nun werden die Anstrengungen intensiviert, die neu zugelassenen und effektiveren Therapien zielgerichtet und optimiert einzusetzen“, so Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Christian Enzinger, Leiter der MS-Ambulanz und der Abteilung für Allgemeine Neurologie der Universitätsklinik in Graz.
Als Benchmarking und Lenkungsinstrument dient dazu das österreichische MS-Therapieregister, anhand dessen die langfristige Wirkung von Medikamenten untersucht und etwaige Möglichkeiten, gutes Ansprechen auf die Therapie frühzeitig hervorzusagen, erforscht werden. Auch wurden unter Beteiligung österreichischer Experten 2021 neue europäische und nordamerikanische Konsensus-Empfehlungen veröffentlicht, die den Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT) in Diagnose, Prognoseabschätzung und Management der MS festlegen. Österreichische Experten waren aber auch federführend in der Entwicklung von Algorithmen beteiligt, die einen frühen Einsatz hochwirksamer Medikamente begründen, womit letztlich der Langzeitverlauf der Erkrankung gebessert werden soll. „Es macht mich stolz, dass Österreich bei der Entwicklung der neuen Konsensus-Empfehlungen federführend beteiligt ist. Gerade durch den Einsatz der MRT, als bildgebendes Mittel, bieten sich völlig neue Möglichkeiten in der Diagnose und in der Prognosenabschätzung. Dazu waren auch Österreichische Experten bei der Entwicklung von effizienteren Behandlungsmöglichkeiten an vorderster Front beteiligt“, so der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger.
Letztlich konnte in einem österreichischen Verbundforschungsprojekt auch beruhigender Weise gezeigt werden, dass in unserem Land an COVID-19 erkrankte MS-Betroffene, kein durch MS-Therapien bedingtes erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlauf aufweisen, wenn man für die bekannten Risikofaktoren (u.a. Alter und Begleiterkrankungen) korrigiert. Dies zeigt, dass in unserem Versorgungssystem Behandlungsentscheidungen auf die ideale Therapie der MS fokussiert werden können und nicht von der Pandemie dominiert werden sollten.
In interdisziplinären Projekten sind österreichische MS Expert*innen aber auch führend in der Erforschung von „stummen“ MS Symptomen wie z.B. exzessive Müdigkeit (Fatigue) oder kognitiven Störungen, welche sehr häufig sind und die Lebensqualität der Betroffenen enorm beeinträchtigen können. Das Ziel besteht darin, diese Probleme frühzeitig zu erkennen und für diese Symptome neue Therapieformen zu entwickeln, wie sie derzeit auch in einer innovativen Therapiestudie an mehreren österreichischen MS Zentren getestet werden.
„Natürlich sind wir mit diesen konzertierten Bemühungen, MS zu stoppen, noch lange nicht am Ziel – aber die österreichische Neurologie leistet dazu einen großen Beitrag und es sind diesbezüglich schon wesentliche Teilerfolge zu verzeichnen. Wichtig ist, dass man an sich selbst beobachtet, ob man etwaige Symptome hat und diese rasch neurologisch abklären lässt. So kann man schnell die auf die eigene Person abgestimmte Therapie erhalten und somit die MS-Erkrankung deutlich verlangsamen“, so Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger und Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Christian Enzinger abschließend.